21.03.2024 - 8 Antrag des Oberbürgermeisters Rüdiger Schneidew...

Beschluss:
abgelehnt
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Der Vorsitzende erklärt, die wesentlichen Punkte zu diesem TOP bereits in der vergangenen Sitzung des Personalausschusses vorgetragen zu haben. Den Fraktionsvorsitzenden sei zudem im Vorfeld dargelegt worden, welche finanziellen Auswirkungen für die Stadt zu erwarten seien, wenn eine sofortige Ruhestandsversetzung erfolge bzw. wenn diese mit Ablauf der regulären Amtszeit zum 30.09.2024 geschehe.

Er erläutert, dass die der Diskussion folgende Abstimmung namentlich vorgenommen werde und weist darauf hin, dass dem Antrag nur dann stattgegeben werden könne, wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitglieder des Stadtrates diesem zustimmten.

 

Für die CDU-Fraktion trägt RM Rippel vor, dass der Antrag Schneidewinds ein weiterer Akt eines beispiellosen Dramas sei, das nunmehr durch die vermeintliche Vertrauensfrage nach § 58 a KSVG an den Rat gekrönt werde.

Die Frage des Vertrauens sei für die CDU-Fraktion irrelevant, da Schneidewind seit fünf Jahren suspendiert sei. Durch das Abwahlverfahren, die Resolution und weitere Aussagen sei nachweislich dokumentiert, dass das Vertrauen des Rates zum allergrößten Teil zerstört sei.

RM Rippel verweist auf die am heutigen Tag medial verbreiteten Erkenntnisse des Innenministeriums, wonach das Ergebnis der Abstimmung Auswirkungen auf das dort noch laufende Verfahren haben könnte. Diese stelle eine Art Entscheidungsbeeinflussung des Rates dar.

Dass der Antrag kurz vor Ablauf der Amtszeit gestellt wurde, zeuge von mehr Schein als Sein. Schneidewind müsse zweifelsohne weg, allerdings stehe hierfür nicht mehr der Stadtrat in der Pflicht, sondern vielmehr Schneidewind selbst respektive das Innenministerium. Aufgrund der unsäglichen Verzögerungstaktik müsse sich der Stadtrat überhaupt mit dem Antrag befassen.

Den plötzlichen Sinneswandel Schneidewinds könne sich RM Rippel nur dadurch erklären, dass das Innenministerium vor Wochen noch von der Möglichkeit einer harten Strafe gesprochen habe. Auch bei der SPD-Fraktion habe sich ein Sinneswandel par excellence vollzogen, da diese damals als einzige Fraktion geschlossen gegen die Resolution gestimmt habe.

Da weiterhin viele Fragen offen seien, werde sich die CDU in dieser Frage enthalten.

 

Für die AfD-Fraktion führt RM Markus Loew an, dass Schneidewind seit der laufenden Amtsperiode des Stadtrates nicht einen Tag auf dem Chefsessel im Rathaus verbracht habe. Er habe vielmehr für einen finanziellen Schaden der Stadt und einen Schaden in ihrem Ansehen gesorgt.

Die Möglichkeit des Antrags nach § 58 a KSVG sei bereits 2020 mit der Einführung des „Schneidewind-Paragraphs“ geschaffen worden, um für diesen eine goldene Brücke zu schlagen. Eindeutigen Signalen, den Stuhl zu räumen, sei er nicht nachgekommen. Schneidewind habe viel zu lange den Rat und seine Mitglieder am Nasenring durch die Manege gezogen; von Reue und Einsehen sei lange Zeit nichts zu sehen gewesen. Er habe Verständnis dafür, wenn Ratsmitglieder heute gegen den Antrag stimmten. Wenig Verständnis habe er allerdings für die SPD-Fraktion, insbesondere für RM Conigliaro, wenn dieser das mögliche Abstimmungsverhalten einiger Kollegen oder ganzer Fraktionen bereits im Vorfeld kritisiere und von wahltaktischen Manövern spreche. Nur weil die SPD damals verhindert habe, dass das Abwahlverfahren gemeinsam mit der Bundestagswahl durchgeführt werde, sei das Abwahlverfahren gescheitert.

Die AfD-Fraktion habe sich schließlich dazu entschieden, dass jeder so abstimmen solle, wie er es für richtig halte. Persönlich werde RM Markus Loew dem Antrag zustimmen, um das Kapitel Schneidewind zum 01. April 2024 abzuschließen.

 

RM Lauer trägt vor, dass ihre Fraktion Schneidewind seit Jahren loswerden wolle, da dieser sowohl dem Image der Stadt schwer geschadet als auch die Resolution des Stadtrates arrogant ignoriert und damit die Stadt sowie den Steuerzahler bis zum letzten Punkt ausgenutzt habe.

Die Antragstellung sei skandalös, wenn man die Vita Schneidewinds betrachte. Voraussetzung im Sinne des § 58 a KSWG sei allerdings, dass ihm das erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht werde, was ausreichend dokumentiert sei. Sie führt an, dass die Stadt Mehrkosten im sechsstelligen Bereich zu erwarten hätte, wenn Schneidewind erst mit Ablauf der regulären Amtszeit in den Ruhestand versetzt werde.

Sie betont, dass nicht der Stadtrat über das Disziplinarverfahren entscheide, sondern das Gericht. Der Stadtrat könne hingegen Fakten schaffen, indem er entscheide, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr tragbar sei. Auch im Ruhestand sei eine Aberkennung oder Kürzung der Ruhegehaltsbezüge noch denkbar.

Insoweit erachte sie es als erforderlich, Schneidewind jegliches Vertrauen abzusprechen. Daher werde die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Antrag zustimmen.

 

RM Bohn stellt fest, dass das Thema hochemotional besetzt sei. Bisher gebe es im Rat mehr Emotionen als Argumente, worauf § 58 a KSVG allerdings keine Rücksicht nehme. Einzig stelle sich die Frage, ob das Vertrauen in die Person noch da sei und umgekehrt, ob das Vertrauen in den Rat noch gegeben sei.

Es handele sich um eine höchstpersönliche Entscheidung, insoweit wolle er sich auch kein Urteil anmaßen. Für die SPD-Fraktion zähle vielmehr die Tatsache, dass der Rat mit deutlicher Mehrheit und jetzt auch Schneidewind deutlich erklärt hätten, das Vertrauen sei nicht mehr vorhanden. Dadurch sei die Voraussetzung gegeben, dem Antrag Schneidewinds zuzustimmen. Seiner Ansicht nach solle die Entscheidung nur auf Basis solcher Argumente getroffen werden. Die Zustimmung zum Antrag sei ein erster Schritt für einen Neuanfang. Damit es für die Stadt in Zukunft gut weitergehe, werde die SPD-Fraktion der Versetzung in den Ruhestand zustimmen.

 

RM Bruch fühle sich inmitten eines Plädoyers verschiedener Staatsanwälte gleichzeitig, die über das Fehlverhalten der vergangenen Jahre diskutierten.

Er stellt klar, dass der Stadtrat hier heute die Aufgabe habe, sachlich und emotionslos über einen TOP zu entscheiden – zum Wohle der Stadt Homburg.

Diese Entscheidung müsse frei von persönlichen Befindlichkeiten sein. Er habe zu seinem Bedauern jedoch nicht den Eindruck, dass hier heute Abend sachlich abgestimmt werden wird. Es müsse jetzt ein Neuanfang gewagt werden, durch den zudem Kosten gespart werden könnten.

Die FWG-Fraktion werde dem Antrag in der Hoffnung zustimmen, dass es doch noch eine Mehrheit geben könnte.

 

RM Kühn stimmt RM Bruch und RM Bohn im Wesentlichen zu. Er kritisiert die Argumentation von RM Rippel dahingehend, dass diese nur in Richtung Zustimmung zu deuten sei. Makaber sei, als Fraktion überhaupt kein Vertrauen mehr zu haben, aber gegen den Antrag stimmen zu wollen. Dies sei im Hinblick auf das gescheiterte Abwahlverfahren eine Verabschiedung von Resolutionen.

Er stellt fest, dass eine Zustimmung finanziell günstiger sei. Außerdem könne damit wahrscheinlich ein vorzeitiges Ende der negativen Berichterstattung über Homburg erreicht werden.

Die Rücktrittsforderung habe bereits vor der sogenannten Lex Schneidewind bestanden. Er sei sich sicher, dass anstelle Schneidewinds keines der Ratsmitglieder zurückgetreten oder in den freien Fall übergegangen wäre. Der Skandal im Skandal bestehe für ihn in der langen Dauer des Verfahrens beim Landesverwaltungsamt bzw. Innenministerium.

 

RM Barbara Spaniol führt für ihre Fraktion aus, dass es bei dem nunmehr eingereichten Antrag kurz vor Ablauf der Amtszeit nicht um einen wirklichen Rücktritt aus Einsicht zum Wohle der Stadt ginge. Vielmehr sei es immer um die besten Bedingungen für Ruhestandsbezüge gegangen, was menschlich verständlich und nachvollziehbar sei. Verglichen mit Menschen, die sich keine Wohnung leisten könnten oder in schwierigen Zeiten in die Insolvenz rutschten, seien die Sorgen des OB jedoch keine Sorgen.

Sie konstatiert, dass der Rückzug klar im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren stehe, disziplinarrechtlich aber nicht wirklich etwas von der Entscheidung des Rates abhänge, auch wenn dies so dargestellt werde. Die Aussagen des Innenministeriums würfen weitere Fragen auf: Vor einer Woche habe es noch geheißen, dass Disziplinarverfahren und der Antrag nach § 58 a KSVG unabhängig voneinander zu betrachten seien; heute lese man, dass eine Nichtzustimmung womöglich als wiedergewachsenes Vertrauen zu interpretieren sei. Dabei sei das Vertrauen in die Amtsführung längst dahin – spätestens seit der knapp gescheiterten Abwahl.

Ihr gehe es heute nicht um die Vertrauensfrage, sondern um Taktik mit Blick auf Bezüge und Ruhestandsversetzung. Da auch für die Fraktion Die Linke viele Fragen offenblieben, werde man sich nach langer Beratung bei der Abstimmung enthalten.

 

RM Conigliaro schließt sich der Argumentation von RM Lauer und RM Bohn sowie der FDP- und FWG-Fraktion dahingehend an, dass emotionslos entschieden werden müsse.

Das Argument von RM Rippel, es könne nur eine Entfernung aus dem Dienst geben, sei keine Entscheidung des Stadtrates. Darüber hinaus sei es gut, dass jemand, der bereits bei der AfD-Resolution überfordert gewesen sei, diese Entscheidung nicht treffen müsse.

Die angekündigte Enthaltung der CDU-Fraktion und der Fraktion Die Linke zeige, dass diese eher wahltaktisch unterwegs seien. Er betont, dass der Oberbürgermeister ein Wahlbeamter sei und auch dessen Nachfolger für die Amtszeit Pensionsansprüche erwerben werde. Sachfremd seien Erwägungen, die sich damit beschäftigten, wie sich das Ergebnis der heutigen Abstimmung auf das Disziplinarverfahren auswirken könne.

Die SPD-Fraktion werde an dieser Stelle geschlossen abstimmen.

 

RM Ulmcke erinnert daran, wie viel immaterieller Schaden für die Stadt bereits entstanden sei. Bei Nichtannahme des Antrags mache sie sich nur lächerlich. Deswegen vermöge er nur zu hoffen, dass jeder persönlich und nicht aus einem Gruppenzwang heraus abstimmen werde.

 

RM Fuchs bemängelt, dass der in § 58 a KSVG geforderte besondere Grund von Schneidewind nie erläutert worden sei. Es stelle sich die Frage, wie verantwortlich mit den Haushaltsmitteln der Stadt umgegangen werden könne. Diese Dimension müsse bei der Entscheidung auch berücksichtigt werden.

Zudem habe man von Innenministerium und Landesverwaltungsamt lediglich als Auskunft erhalten, dass Ruhestandsversetzung und Disziplinarverfahren zwei verschiedene Paar Schuhe seien. Über die Presse erfahre man wiederum, dass sehr wohl Zusammenhänge hergestellt würden, die die Stadt finanziell weitreichend belasten könnten. So habe der Saarländische Rundfunk berichtet, dass das Disziplinarverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit eingestellt werden könnte, wenn der Stadtrat Schneidewind nunmehr in den Ruhestand versetze. Dann müsse die Stadt den Kürzungsanteil für die Zeit der Suspendierung in Höhe von rund 100.000 Euro nachzahlen.

Da er sich nicht in der Lage sehe, ein klares Ja oder Nein zu formulieren, werde er sich enthalten.

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Beschluss:

Der Stadtrat stimmt über den Antrag des Herrn Oberbürgermeisters Rüdiger Schneidewind vom 15.02.2024 auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 58 a KSVG ab.

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Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung:

 

26 Ja-Stimmen:

Anslinger, Winfried (Bündnis 90/Die Grünen)

Bender, Ulrike (AfD)

Bohn, Wilfried (SPD)

Brixius, Simon (SPD)

Bruch, Thorsten (FWG)

Cappel, Patrick (SPD)

Caster, Christine (SPD)

Conigliaro, Pascal (SPD)

Eckardt, Michael (FDP)

Dr. Gouverneur, Eric (SPD)

Haas, Vanessa (AfD)

Ingrao Grupico, Franca (FWG)

Kaya-Karadağ, Sevim (SPD)

Prof. Dr. Kirchhoff, Frank (Bündnis 90/Die Grünen)

Kühn, Jörg (FDP)

Lauer, Katrin (Bündnis 90/Die Grünen)

Loew, Markus (AfD)

Loew, Melanie (AfD)

Markandu, Suginthan (SPD)

Maurer, Christine (Bündnis 90/Die Grünen)

Dr. Mörsdorf, Stefan (CDU)

Neumann, Otwin (SPD)

Neuschwander, Daniel (SPD)

Piazolo, Carola (Bündnis 90/Die Grünen)

Stolz, Siegfried (SPD)

Ulmcke, Axel (FWG)

15 Enthaltungen:

Bächle, Matthias (CDU)

Bullacher, Marianne (CDU)

Fuchs, Hans-Peter (CDU)

Kaufmann, Peter (CDU)

Konrad, Raimund (CDU)

Kroj, Nathalie (CDU)

Motsch, Willibald (AfD)

Portugall, Jürgen (CDU)

Rippel, Michael (CDU)

Spaniol, Barbara (Die Linke)

Spaniol, Florian (Die Linke)

Stoppiera-Wiebelt, Yvette (Bündnis 90/Die Grünen)

Tan, Nurettin (CDU)

Titt, Tim (Die Linke)

Wiebelt, Daniel (Bündnis 90/Die Grünen)

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