09.09.2021 - 10 Einleitung eines Abwahlverfahrens gegen Oberbür...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 10
- Sitzung:
-
Sitzung des Stadtrates
- Gremium:
- Stadtrat
- Datum:
- Do., 09.09.2021
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:30
- Anlass:
- Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- 100 - Hauptabteilung
- Bearbeiter:
- Sandra Ruth
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
RM Mörsdorf trägt vor, dass die CDU-Fraktion es zwar begrüße, dass Rüdiger Schneidewind nach über zweieinhalb Jahren sein Schweigen gebrochen und die SPD-Fraktion aufgefordert habe, die parteipolitischen Spielchen zu beenden und dem Antrag zuzustimmen. Somit könne nun, wie von der CDU von Anfang an gewollt, der Wähler darüber entscheiden, wie es weitergehen solle. Schade sei dabei jedoch, dass die Erkenntnis so spät komme, ansonsten hätte man das Abwahlverfahren mit der Bundestagswahl verbinden können, was der Stadt viele Kosten und der Verwaltung zusätzlichen Organisationsaufwand erspart hätte.
Er weist darauf hin, dass der Rat dem Vergleich mit OB Schneidewind zwar zugestimmt habe, damit allerdings nicht der komplette Schaden, sondern nur der regressfähige Schaden ausgeglichen sei. Man habe darauf gehofft, dass Rüdiger Schneidewind die Möglichkeit nutzen würde, gemäß § 58 a KSVG freiwillig aus dem Amt zu scheiden. Dies sei nicht geschehen. Der Antrag auf Einleitung des Abwahlverfahrens wäre wohl auch in der Sitzung am 15. Juli mit knapper Mehrheit durchgegangen, da RM Schäfer sich gegen seine eigene Fraktion gestellt habe, wofür er ihm Respekt zolle.
Insofern finde er die über die Presse verbreitete Begründung der SPD-Fraktion für ihr Umschwenken merkwürdig, wonach man habe vermeiden wollen, dass die AfD-Fraktion Zünglein an der Waage spiele. Ohne Jürgen Schäfers Entscheidung hätte die AfD-Fraktion tatsächlich Zünglein an der Waage gespielt und zwar gegen das Abwahlverfahren gegen Schneidwind. Dazu habe er jedoch keinen Protest seitens der SPD-Fraktion gehört. Davon abgesehen werde die Wahrheit, so unangenehm sie auch sein möge, nicht unwahr, dadurch dass sie auch von der AfD akzeptiert werde.
RM Bruch ist im Namen der FWG-Fraktion zwar nach wie vor der Meinung, dass ohne rechtsgültiges Urteil ein Abwahlverfahren nicht auf den Weg zu bringen sei. Nachdem Rüdiger Schneidwind nun jedoch selbst darum gebeten habe, wolle man sich der Einleitung des Abwahlverfahrens nicht mehr verschließen.
RM Bohn wendet sich an RM Spaniol, die zuvor (TOP 1.2) die Forderung der SPD-Fraktion in der vergangenen Sitzung nach Vorlage der Quarantäneanordnungen kritisiert hatte. Er verweist dabei auf das Prinzip der Gleichbehandlung, da der Stadtrat auch das von einem Ratsmitglied vorgelegte ärztliche Attest habe überprüfen lassen.
Weiterhin führt er aus, dass der Stadtrat in Sachen Abwahlverfahren bereits in einer Sondersitzung auf Antrag der SPD-Fraktion im Frühjahr hätte Klarheit schaffen können. Diesen Antrag habe die Verwaltung abgelehnt. Es habe einen zweiten Antrag der SPD zu diesem Thema in einer Sondersitzung gegeben. Der entsprechende Tagesordnungspunkt sei jedoch von der Mehrheit des Rates abgesetzt worden. Insofern habe die SPD-Fraktion durchaus etwas dafür getan, den vielfach bemängelten Schwebezustand zu beenden.
Wenn es also nach der SPD gegangen wäre, hätte Ende April Klarheit über die Durchführung des Abwahlverfahrens geherrscht. Hätte es ein Abwahlverfahren gegeben, hätte man die Bürgerinnen und Bürger bereits vor der Sommerpause darüber abstimmen lassen und ggf. in zwei Wochen gemeinsam mit der Bundestagswahl die Urwahl durchführen können. Dieser Weg sei nicht gewollt gewesen, was die SPD aber nicht zu verantworten habe.
Er stellt in Frage, ob es überhaupt möglich sei, ein Abwahlverfahren gemeinsam mit einer anderen Wahl durchzuführen, da die Grundlagen jeweils unterschiedlich seien. Einmal sei eine bestimmte Anzahl an Menschen erforderlich, die sich überhaupt an der Wahl beteiligten. Bei der anderen Wahl habe derjenige gewonnen, der die meisten Stimmen erhalte. Er verweist darauf, dass in anderen Bundesländern Gerichte bereits entschieden hätten, dass diese Verfahren nicht mit anderen Wahlen zusammengelegt werden dürften.
CDU, Grüne und Linke hätten sich bei der Abstimmung über die Einleitung des Abwahlverfahrens auf 100% Zustimmung durch die AfD verlassen müssen. Als nur 83% dafür gewesen seien, hätten Vertreter von CDU und Grünen auf die verbleibenden 17% eingeredet, um sie umzustimmen. Dies hätten mehrere Ratsmitglieder gesehen. Ein Ratsmitglied, welches nicht der SPD-Fraktion angehöre, habe das sogar im Bild festgehalten. Insofern sollten sie froh sein, dass die SPD sie von der Abhängigkeit von der AfD befreie.
Er schließt mit dem Appell, bei den Fakten zu bleiben, Unterstellungen zu unterlassen und vor allem fair zu bleiben.
RM Marc Piazolo erinnert als Entgegnung auf RM Bohn daran, dass die Detektiv-Affäre dem Ganzen zugrunde liege. Die Deutung des besagten Fotos durch RM Bohn bezeichnet er als haarsträubend, wisse RM Bohn doch gar nicht, was in dieser Situation besprochen worden sei.
Die Grünen-Fraktion freue sich über die Einsicht von SPD und FWG, dem Abwahlverfahren nun doch zuzustimmen. Der Imageschaden durch die Detektiv-Affäre für die Stadt sowie die Verwaltung sei jedoch schon jetzt immens. Für die Motivation der Mitarbeiter in der Verwaltung sei es mit Sicherheit besser, genau zu wissen, wie es in Zukunft weitergehe. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Rat und dem suspendierten OB sei schwer gestört, was sich auch in den fehlenden Entlastungen zu den Jahresabschlüssen 2015 und 2016 widerspiegele. Der Einleitung des Abwahlverfahrens werde man zustimmen, denn die Bürgerinnen und Bürger sollten das letzte Wort haben.
Zum Schluss richtet er einen persönlichen Appell an Rüdiger Schneidewind, von der Möglichkeit des § 58 Abs. 4 KSVG Gebrauch zu machen und innerhalb der kommenden Woche auf das Abwahlverfahren zu verzichten. Dies würde Homburg viel ersparen. Die Urwahl sollte dann gemeinsam mit der Landtagswahl im kommenden Jahr durchgeführt werden.
RM Markus Loew sagt, die AfD-Fraktion habe von Anfang an den CDU-Antrag unterstützt. Nach dem finanziellen und auch dem Imageschaden, welchen der derzeit suspendierte OB angerichtet habe, sollten die Bürger über dessen Verbleib auf dem Chefsessel im Rathaus entscheiden.
Die 180 Grad-Kehrtwende der SPD, nachdem nun der Termin mit der Bundestagswahl nicht mehr gehalten werden könne, bezeichnet er als Fortführung parteitaktischer Spielchen und übt Kritik an der in der Pressekonferenz vorgetragenen Begründung für die plötzliche Kehrtwende, wonach man die AfD nicht das Zünglein an der Waage habe sein lassen wollen, Die Wahrheit sei doch vielmehr, dass ein Ratsmitglied der SPD-Fraktion am Ende Zünglein an der Waage gewesen wäre.
Kritik übt er auch daran, dass RM Bohn anderen Fraktionen im Rat eine vermeintliche Zusammenarbeit mit der AfD im Rat vorwerfe. Dies mache sein zweifelhaftes Demokratieverständnis deutlich, da er offensichtlich ein Problem damit habe, wenn eine mit 11% im Rat vertretene Fraktion in die Ratsarbeit eingebunden werde. Im Übrigen habe in der Vergangenheit die AfD-Fraktion auch bereits SPD-Anträge unterstützt und auch die SPD habe bereits AfD-Anträgen zugestimmt. Da habe er jedoch keine Klagen gehört.
RM Markus Loew warnt ferner davor, im Falle einer Rückkehr des suspendierten Oberbürgermeisters in längst überwunden gehoffte Zeiten zurückzufallen, sei man in Homburg doch immer noch dabei, die Trümmer aufzuräumen und längst überfällige strukturelle und personelle Veränderungen vorzunehmen.
Der suspendierte OB kassiere seit 18 Monaten Monat für Monat fürs Nichtstun eine stattliche Menge an Steuergeld und habe es dennoch in all dieser Zeit nicht für nötig gehalten für Verwaltung, Stadtrat und Bürger in irgendeiner Weise Klarheit zu schaffen. Er habe die Stadt zum Gespött gemacht. Ein Oberbürgermeister, der in bester Stasi-Manier seine Mitarbeiter bespitzeln lasse und das auch noch rechtswidrig am Stadtrat vorbei, sollte seinen Hut nehmen. Da er aber noch nicht einmal dazu in der Lage sei, könne man nur hoffen, dass sich die Homburger Bürger am Tag der Abwahl an all das erinnerten und den Weg zur Wahlurne gehen werden. Die AfD wolle den Weg ebnen und stimme dem Antrag zu.
RM Daniel Schütte gibt an, auch heute gegen den Antrag zu stimmen, da es für ihn drei Komponenten gegeneinander abzuwägen gelte. Aus politischer Sicht erklärt er, dass er sich weder von der Grünen- noch der CDU-Fraktion, die darauf hofften, den kommenden OB zu stellen, für ihren Wahlkampf einspannen lasse. Aus moralischer Sicht müsste er eigentlich für das Abwahlverfahren stimmen. Aus juristischer Sicht gelte jedoch die Unschuldsvermutung, solange der juristische Weg noch nicht abgeschlossen sei, weshalb er nicht mit gutem Gewissen der Einleitung des Abwahlverfahrens zustimmen könne.
RM Barbara Spaniol begrüßt im Namen der Fraktion Die Linke den Sinneswandel der SPD. Sie betont, es gehe es nicht nur um eine hochdotierte Stelle für einen Einzelnen, sondern um verspieltes Vertrauen, verheerende Prüfberichte sowie das Versagen von Verwaltungshandeln. Die Hoffnung, Schneidewind würde die rechtliche Möglichkeit nutzen, das Amt freizumachen, habe sich leider nicht erfüllt. Das Amt eines Oberbürgermeisters repräsentiere eine ganze Stadt und dieses Amt sei in Homburg durch Verfehlungen der Amtsträger massiv beschädigt. Sie betont weiterhin, dass die Sache unabhängig vom Ausgang des Abwahlverfahrens noch nicht erledigt sein werde. Ganz im Gegenteil werde noch Einiges folgen, wie z. B. in disziplinarrechtlicher Hinsicht. Es sei deshalb beschämend, dass das lähmende Trauerspiel einfach weitergehe.
Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung:
41 Ja-Stimmen:
Anslinger, Winfried (Bündnis 90/Die Grünen)
Bächle, Matthias (CDU)
Bender, Ulrike (AfD)
Berger, Maren (CDU)
Bohn, Wilfried (SPD)
Brixius, Simon (SPD)
Bruch, Thorsten (FWG)
Bullacher, Marianne (CDU)
Conigliaro, Pascal (SPD)
Dettweiler, Anja (CDU)
Eckhardt, Michael (FWG)
Fuchs, Hans-Peter (CDU)
Gouverneur, Eric (SPD)
Haas, Vanessa (AfD)
Kaya-Karadag, Sevim (SPD)
Keßler, Pascal (Die Linke)
Prof. Dr. Kirchhoff, Frank (Bündnis 90/Die Grünen)
Konrad, Raimund (CDU)
Kroj, Nathalie (CDU)
Kühn, Jörg (FDP)
Kulzer-Weber, Kristina (CDU)
Lauer, Katrin (Bündnis 90/Die Grünen)
Loew, Markus (AfD)
Loew, Melanie (AfD)
Lutter, Jürgen (CDU)
Mörsdorf, Stefan (CDU)
Neumann, Otwin (SPD)
Neuschwander, Daniel (SPD)
Piazolo, Marc (Bündnis 90/Die Grünen)
Portugall, Jürgen (CDU)
Ragoschke-Schumm, Andreas (Bündnis 90/Die Grünen)
Rippel , Michael (CDU)
Rippel, Manfred (SPD)
Rouget, Dorothee (Bündnis 90/Die Grünen)
Schäfer, Jürgen (SPD)
Spaniol, Barbara (Die Linke)
Spaniol, Florian (Die Linke)
Stoppiera-Wiebelt, Yvette (Bündnis 90/Die Grünen)
Titt, Tim (Die Linke)
Ulmcke, Axel (FWG)
Wiebelt, Daniel (Bündnis 90/Die Grünen)
1 Nein-Stimme: Schütte, Daniel (AfD)