04.02.2021 - 28.1 Baumaßnahme "Am Gedünner"

Beschluss:
geändert beschlossen
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Der Vorsitzende berichtet, dass der Ständige Vergabeausschuss im März 2017 die Auftragssumme für die Baumaßnahme „Am Gedünner“ auf 188.000 € festgesetzt habe, dieser Kostenrahmen aber nicht habe eingehalten werden können. Es sei zu Mehrkosten von insgesamt 132.000 € gekommen, was eine Kostensteigerung von 71 % bedeute. Man habe die Angelegenheit im Nachhinein dem Rechnungsprüfungsamt vorgelegt. Der Prüfvermerk liege den Ratsmitgliedern vor. Zurzeit könne nicht ausgeschlossen werden, dass es eine vorläufig festgestellte Überzahlung von 54.000 € gegeben habe. Ähnlich wie im Fall „Remise“ seien jedoch Unterlagen nicht mehr vorhanden oder lückenhaft.

Am 05.02.2020 habe man bereits über Mehrkosten in dieser Angelegenheit berichtet. Nach heutigem Kenntnisstand würden sich dazu jedoch nun Differenzen ergeben.

Diese Dinge seien unangenehm, weil sie die Stadt wiederum in schlechte Nachrichten bringen würden, müssten der Öffentlichkeit sowie dem Stadtrat aber dennoch transparent kommuniziert werden und auch entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Man werde sich ganz genau anschauen, wie es zu einer Überzahlung in dieser Höhe habe kommen können, da entweder im System etwas nicht stimme oder es sich um eine starke Verfehlung gehandelt habe. Dabei betont er jedoch noch einmal, dass es sich um vorläufige Zahlen handele.

Der Stadtrat müsse nun darüber reden, wie man mit dieser Angelegenheit umgehen wolle. Der Versicherungsstelle sei sie bereits vorsorglich gemeldet worden. Personalamt und Rechtsamt seien involviert. Geprüft werden müsse, ob der Stadt ein Schaden entstanden sei und ob die Überzahlung ggf. zurückzufordern sei. Auch müsse in den Blick genommen werden, ob die bislang getroffenen Maßnahmen ausreichten oder weitere Verwaltungsabläufe im Hinblick auf interne Kontrollstrukturen geändert werden müssten.

Da zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar sei, ob der Vorgang strafrechtliche Relevanz habe, habe sich der Ständige Vergabeausschuss dafür ausgesprochen, ihn der Staatsanwaltschaft zu übergeben und den Stadtrat damit zu befassen.

Weiterhin schlage die Verwaltung vor, die Frage, ob der Stadt ein Schaden entstanden sei, von einem Dritten überprüfen zu lassen. Diesen Vorschlag habe der Ausschuss unterstützt, verbunden mit der Anregung, dazu möglichst den gleichen Rechtsanwalt zu beauftragen, der bereits das Gutachten im Fall „Remise“ erstellt hat.

 

RM Fuchs führt daraufhin aus, dass nach der Sachverhaltsschilderung der Verwaltung im gestrigen Vergabeausschuss erhebliche Zweifel daran aufgekommen seien, ob hier transparent und rechtmäßig gehandelt worden sei. Deshalb danke er dem Bürgermeister Michael Forster, der wieder einmal dem Stadtrat diese Nachricht überbringen müsse, obwohl das betreffende Verwaltungshandeln vor seiner Amtszeit stattgefunden habe.

Im Gesamtkontext müsse auch geprüft werden, wer die politische Verantwortung dafür trage.

Laut Prüfvermerk des RPA ließen fehlende bzw. mangelhafte Unterlagen eine umfassende Prüfung des Sachverhalts nicht zu. Man könne nur spekulieren, ob sich es dabei nur um Nachlässigkeit oder möglicherweise bewusstes Fehlverhalten handele.

Deswegen sei man sich im Vergabeausschuss einig gewesen, diese Thematik öffentlich im Stadtrat zu behandeln, um den Bürgerinnen und Bürgern zu signalisieren, dass sich der Stadtrat an der Aufklärung beteilige und nichts unter den Teppich gekehrt werde.

Da die handelnden Akteure möglicherweise die gleichen seien wie im Fall „Remise“ sei die CDU-Fraktion überzeugt davon, dass auch diese Unterlagen an die Staatsanwaltschaft übergeben werden müssten, um eine strafrechtliche Relevanz zu prüfen.

Zudem müssten ggf. eine Rückforderung der überzahlten 54.000 € sowie die Einleitung weiterer arbeits- bzw. dienstrechtlicher Schritte geprüft werden. Hierzu sollte ein externer Rechtsanwalt eingeschaltet werden, sollte eine Prüfung durch das eigene Rechtsamt nicht möglich sein.

Schließlich müsse die Verwaltung so organisiert werden, dass durch ein gutes Baucontrolling derartige Fälle künftig nicht mehr vorkommen könnten.

 

Der Bürgermeister ergänzt an dieser Stelle die Information, dass man den Sachverhalt inzwischen auch der Kommunalaufsicht gemeldet habe..

 

RM Anslinger spricht von einem umfassenden Systemversagen, für das die politische Spitze die Verantwortung trage. Innerhalb von sechs Monaten sei bereits der fünfte Skandal zur Kenntnis zu nehmen, wobei er u. a. das Stichwort „Am Großen Acker“ nennt. Er sieht darin einen indirekten Zusammenhang mit dem gerade beendeten Prozess vor dem Landgericht Saarbrücken wegen der Detektiv-Beauftragung, der nun in die Revision gehe. Es gehe letzten Endes immer um die gleiche Person, die hier Verantwortung trage.

Obwohl er Verständnis dafür habe, dass diese Person nun von ihrem Recht Gebrauch mache und in Revision gehe, müsse man dennoch berücksichtigen, dass die Stadt mittlerweile seit zwei Jahren an der Spitze nur halb besetzt sei, wodurch Vieles blockiert sei bzw. nicht wirklich gut bearbeitet werden könne. Durch die Revision nehme diese Person in Kauf, dass besagter Schwebezustand ein weiteres Jahr andauern werde, weshalb sie doch die längst fällige Konsequenz ziehen und zurücktreten. Er vertritt die Meinung, dass der Stadtrat sich irgendwann auch einmal mit diesem Thema beschäftigen sollte. Er prophezeit, dass dies nicht der letzte Skandal gewesen sein werde.

 

Der Vorsitzende fände es folgerichtig, den von RM Anslinger angesprochenen Vorgang „Am Großen Acker“ ebenfalls der Staatsanwaltschaft vorzulegen, um diese Dinge ein für alle Mal aufzuarbeiten.

 

RM Kühn ist eindeutig für die Einschaltung der Staatsanwaltschaft, aber aus Zeit- und Kostengründen gegen die Beauftragung eines Gutachtens, zumal wie bereits im Falle „Remise“ aufgrund unvollständiger Akten wiederum nicht mit einer Aussage zum Schaden oder der Strafbarkeit zu rechnen sei.

Da Herr Missy auf Nachfrage bestätigt, dass die Verwaltung im Jahr 2018 Kenntnis von diesem Vorgang erlangt habe, macht RM Kühn auf die Verjährung etwaige Ansprüche Ende 2021 aufmerksam.

Er möchte wissen, wer im Jahr 2018 die Fachbereichsleitung inne gehabt habe.

 

Herr Missy antwortet, dass er damals Fachbereichsleiter Bau, Herr Weber Fachbereichsleiter Kämmerei und Herr Juen Fachbereichsleiter Recht unter Oberbürgermeister Schneidewind gewesen seien.

 

RM Markus Loew schließt sich den Ausführungen von RM Fuchs an, während er die Meinung von RM Anslinger nicht teile, dass die oberste Verwaltungsspitze derzeit fehle. Mit Bürgermeister Forster stehe jemand an der Spitze der Verwaltung, der bemüht sei, Transparenz zu schaffen, was jahrelang nicht der Fall gewesen sei. Man unterstütze deshalb den von der Verwaltung eingeschlagenen Weg und sei für die Beauftragung externer Stellen zur Aufklärung dieser Vorgänge sowie für die Einschaltung der Staatsanwaltschaft.

 

RM Barbara Spaniol begrüßt ebenfalls die Herstellung von Transparenz durch die Verwaltungsspitze und hält die Einholung eines externen Gutachtens für erforderlich, welches den neutralen Blick schärfe und neben der Einschaltung der Staatsanwaltschaft zur Aufarbeitung durch die Verwaltung dazugehöre.

 

Auch RM Bohn findet die Aufarbeitung gut. Da die Zeit zur Befassung mit den Unterlagen seit der gestrigen Ausschuss-Sitzung jedoch recht kurz gewesen sei und sowohl im Prüfbericht des RPA als auch im Vortrag der Verwaltung noch viele Konjunktive verwendet worden seien, plädiere er dafür, die Dinge zunächst intern soweit zu prüfen und aufzuarbeiten, dass man verlässlich Auskunft geben könne und dann im nächsten HFA zu entscheiden, wie man weiter vorgehen wolle, bevor man nun schon die Staatsanwaltschaft und weitere Externe einschalte.

 

RM Marc Piazolo geht entgegen RM Bohn davon aus, dass die dem SVA für die gestrige Sitzung zur Verfügung gestellte Sitzungsvorlage vollumfänglich gewesen sei und die Prüfung aller vorliegenden Unterlagen bereits beinhaltet habe. Von daher sei eine weitere interne Prüfung nicht hilfreich. Stattdessen müsse man nun die Konsequenzen ziehen und der Empfehlung des SVA folgen, die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft zu übergeben und einen externen Dritten mit einem Gutachten zu beauftragen, idealerweise den gleichen Rechtsanwalt wie im Fall „Remise“.

Schließlich regt er an, die internen Kontrollstrukturen und Prozesse zur künftigen Vermeidung solcher Vorfälle in einem anderen Ausschuss noch einmal darzulegen.

 

RM Bruch sieht es wie der Großteil seiner Vorredner, unterstützt das angedachte Vorgehen und ist für eine rigorose Aufklärung. Er fügt hinzu, dass das wohl unbestrittene Fehlverhalten von Mitarbeitern unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen müsse.

 

 

RM Bohn bezieht sich auf eine Formulierung im Prüfvermerk des RPA, wonach noch nicht geklärt sei, ob es tatsächlich zu einer Überzahlung gekommen sei. Von daher wiederhole er seine Bitte, die Dinge intern zu prüfen, bevor man über weitere Schritte nachdenke.

 

RM Stoppiera-Wiebelt erwidert, dass es nicht nur um eine mögliche Überzahlung, sondern auch um eine 70%-ige Kostenerhöhung gehe. Entweder handele es sich um eine massive Schlechtleistung oder um bewusstes Handeln zum Nachteil der Stadt, weshalb arbeitsrechtliche Schritte auf alle Fälle in Betracht gezogen werden müssten.

 

RM Kühn beharrt darauf, dass die erneute Erstellung eines externen Gutachtens nicht zielführend sei, da zu erwarten sei, dass dieses wie bereits im Fall „Remise“ keine neuen Erkenntnisse bringen werde.

Er fordere die Verwaltung stattdessen auf, bei den für eine mögliche Regressforderung in Frage kommenden Personen einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu erwirken. Sollte dies gelingen, gewinne man dadurch auch mehr Zeit.

 

BM Forster wendet gegenüber RM Kühn ein, dass man das Ergebnis des Gutachtens nicht einfach vorwegnehmen könne und es möglich wäre, den zeitlichen Rahmen für die Erstellung des Gutachtens vorab mit dem Anwalt abzuklären.

Würde der Vorgang nur intern geprüft, sehe sich die Verwaltung mit großer Wahrscheinlichkeit dem Vorwurf mangelnder Neutralität ausgesetzt.

 

RM Kühn äußert sich sodann sehr skeptisch, was die Chancen angehe, nach mehr als zwei Jahren arbeitsvertragliche Verstöße noch zu ahnden.

 

Der Bürgermeister entgegnet, dass es darüber hinaus ja auch darum gehe, mögliche Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

 

RM Kühn verabschiedet sich sodann aufgrund technischer Probleme bei der erneuten Einwahl in die Videokonferenz aus der Sitzung.

 

Der Bürgermeister bietet ihm technische Unterstützung durch die bereitstehenden Mitarbeiter der EDV-Abteilung unter der vor der Sitzung übermittelten Telefonnummer an.

 

RM Neuschwander bezeichnet die Beauftragung eines externer Gutachter als unnötig und Geldverschwendung.

 

RM Bohn hält noch einmal fest, dass die SPD-Fraktion zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit sehe, zur Staatsanwaltschaft zu gehen.

 

Im Anschluss an die Abstimmung wirft RM Neuschwander die Frage auf, ob es relevant sei, dass RM Kühn nicht habe mit abstimmen können.

 

Der Vorsitzende verneint dies. Zum einen habe er RM Kühn die Unterstützung durch die Hotline angeboten, zum anderen hätte seine Teilnahme an der Abstimmung am Ergebnis nichts geändert.

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Beschluss:

  1. Der Stadtrat beschließt, unverzüglich die Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit einzuschalten.

 

  1. Der Stadtrat beschließt die Beauftragung eines Gutachters mit der Prüfung von Schadensersatzansprüchen sowie kommunalrechtlicher und arbeitsrechtlicher Verstöße.
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Abstimmungsergebnis:

zu 1.: mehrheitlich beschlossen bei

9 Gegenstimmen: SPD sowie

5 Enthaltungen: 1 SPD, 3 Bündnis 90/Die Grünen, 1 AfD

 

Zu 2.: mehrheitlich beschlossen bei

15 Gegenstimmen: 11 SPD, 2 Bündnis 90/Die Grünen, 1 FWG, 1 FDP sowie

4 Enthaltungen: 3 Bündnis 90/Die Grünen, 1 AfD